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Elektronische Erfassung und Übertragung der Einsatzdaten für den Notarztdienst Sektorenübergreifende Zusammenarbeit in der Notfallversorgung

Digitalisierung Notfallversorgung Thüringen
Die Dokumentation rettungsdienstlicher Abläufe und notfallmedizinischer Maßnahmen ist durch das Landesrettungsdienstgesetz des Freistaates Thüringen für alle Mitarbeitenden des Rettungsdienstes geregelt. Dokumentiert werden die vorgefundene Notfallsituation, eingeleitete notfallmedizinischer Maßnahmen sowie Angaben zur gesundheitlichen Vorgeschichte der Patientinnen und Patienten. Im Notfalleinsatz werden bei meist unbekannten Patientinnen und Patienten oft grundlegende und für die Weiterversorgung entscheidende Erkenntnisse gewonnen. Die Übermittlung dieser Daten an die weiterbehandelnden Einrichtungen kann eine zielgerichtete Therapie entscheidend beschleunigen und verbessern.
Elektronische Erfassung und Übertragung der Einsatzdaten für den Notarztdienst

Welche Fehlstellen gab es bisher?
Die verzögerte und unvollständige Übergabe der notfallmedizinischen Dokumentation an die weiterbehandelnden Ärztinnen und Ärzte wirkt sich negativ auf die Behandlungsqualität aus. Notfallaufnahme und weiterbehandelnde Einrichtung kommunizierten bislang allein über den Sprechfunk und ein Mobilfunkgerät. Letzteres ist jedoch zum Beispiel im ländlichen Raum nur eingeschränkt einsatzfähig. Patientenvoranmeldungen erfolgen in der Regel über die Rettungsleitstelle. Auch hier kommt es zu Verzögerungen, unvollständige oder fehlerhafte Angaben.

Worum geht es?
Die Krankenhauslandschaft in Thüringen ist gekennzeichnet durch zunehmende Spezialisierung und Konzentration in Ballungsgebieten. Versorgungsprozesse müssen über Sektorengrenzen hinweg und zum Wohle der Patientinnen und Patienten organisiert werden. Dies wirkt sich besonders auf Rettungsdienst und Klinik aus. Einerseits profitieren Notfallpatientinnen und Notfallpatienten durch telemedizinische Verfahren von einer verbesserten individuellen Versorgung, indem relevante Daten schon während des Transports an das Krankenhaus übermittelt werden (Prozessoptimierung). Andererseits können durch die Vermeidung von Fehlzuweisungen Kapazitäten im Rettungsdienst geschont werden. Dabei geht es um einen sinnvollen Einsatz unter wirtschaftlichen und logistischen Aspekten im Sinne einer bedarfsgerechten Vorhaltung der Einsatzressourcen (Strukturoptimierung).

Was ist Gegenstand des Projekts?
Kernkompetenz des Projektes sind die digitale Erfassung der rettungstechnischen und notfallmedizinischen Daten, der Patientenanamnese sowie der Verlaufsbeschreibung und deren Übermittlung an die Kliniken. Eine ganzheitliche Darstellung der Abläufe bietet Schnittstellen zu allen unterstützenden und fortführenden Prozessen. Die Abrechnung erfolgt ohne zusätzlichen personellen Aufwand zeitnah und plausibel durch die elektronische Übertragung der Daten in Abrechnungssoftware der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Thüringen. Gleichzeitig können im Notarzteinsatz erhobene Befunde und Informationen an das Klinikinformationssystem (KIS) oder eine Informationsplattform der aufnehmenden Einrichtung übermittelt werden.

Was verbessert sich mit dem Projekt?
Die aufnehmende Einrichtung kann mithilfe der übermittelten Daten weitere Maßnahmen direkt einleiten. Bei Bedarf werden Patientinnen und Patienten unmittelbar in spezialisierte Fachabteilungen überwiesen, etwa in das Herzkatheterlabor oder in die Chirurgie. Fachspezifische Konsilärzte können bereits frühzeitig hinzugezogen werden. Das Verfahren trägt dazu bei, dass Schädigungen von Patientinnen und Patienten, insbesondere in kritischen Situationen, um ein erhebliches Maß reduziert und somit ihre Heilungschancen deutlich verbessert werden.

Wie wird eine bestmögliche Versorgung erreicht?
Wesentlicher Vorteil der elektronischen Datenübertragung ist die bereits am Notfallort eingeleitete Direkteinweisung in eine Klinik der Maximalversorgung. Der Weg dorthin führt ohne Umweg über das regionale Krankenhaus, wenn der Informationsaustausch vorab ergeben hat, dass die Patientin oder der Patient in einer anderen Klinik besser versorgt werden kann. Reporting- und Statistikmodule liefern wesentliche Erkenntnisse für die Struktur- und Prozessoptimierung.

Organisatorische Rahmenbedingungen
Grundsätzlich ist ein durchgehender Datentransfer vom Notrufeingang in der Rettungsleitstelle bis zur Krankenhausaufnahme technisch möglich. Im Thüringer Rettungsdienstgesetz sind zum einen die Städte und Landkreise für den bodengebundenen Rettungsdienst sowie zum anderen die KV Thüringen für die notärztliche Versorgung vorgesehen. Diese Besonderheit führt dazu, dass sich die durchgehende Datenübermittlung in der Praxis schwierig gestaltet. Jede Gebietskörperschaft verfügt über eine eigene Rettungsleitstelle und entscheidet, welche Technik verwendet wird. Dieser Umstand setzt sich in den einzelnen Dokumentations- und Abrechnungsprozessen fort.

Nutzung einer einheitlichen Dokumentationstechnik
Die KV Thüringen stellt als überregionaler Aufgabenträger für die notärztliche Versorgung im Bundesland für eine einheitliche Dokumentations- und Kommunikationslösung im Notarztdienst. Damit kann ein entscheidender Beitrag zur Verbesserung der Versorgungsqualität und eine optimierte Nutzung der rettungsdienstlichen Strukturen geleistet werden. Durch die Einbeziehung der Rettungsleitstellen und der aufnehmenden Krankenhäuser kann der gesamte notfallmedizinische Versorgungsprozess lückenlos dokumentiert, ausgewertet und den Bedürfnissen angepasst werden.

Technische Beschreibung und Datentransfer
Durch den fortschreitenden Digitalisierungsprozess erfolgt die Erfassung der Patienten- und Einsatzdaten ausschließlich auf elektronischem Weg. Die Ärztinnen und Ärzte im Notdienst werden dazu mit einem mobilen Tablet-PC ausgestattet, der zusätzlich schon während des Einsatzes relevante Einsatzdaten bereitstellt. Hierzu zählen die einsatztaktischen Informationen der Rettungsleitstelle sowie die Versorgungsdaten und die aktuellen Kapazitäten der aufnehmenden Klinken.

Frühzeitige Kommunikation mit dem Krankenhaus
Krankenhäuser werden so an das System angeschlossen, dass die Informationen über Notfallpatientinnen und Notfallpatienten erscheinen, sobald die Entscheidung zur Anfahrt getroffen wurde. Die Darstellung erfolgt über ein gesichertes webbasiertes Portal. Die Voranmeldung und Übergabe der Daten an die Klinik erfolgt über klinische Standards. Dies Technologien dienen dazu, die notärztliche Einsatzdokumentation in das Klinikinformationssystem zu übertagen. Um eine Ad-hoc-Information der Klink zu gewährleisten, ist eine zusätzliche schnelle Informationsquelle notwendig. Ein Dashboard dient in den entsprechenden Notaufnahmen dazu, die Einsatzinformationen zu visualisieren.

Abrechnung der Gesundheitsleistungen
Um den Abrechnungsprozess zu unterstützen, enthalten die Tablet-PCs einen Chipkartenleser für die elektronische Gesundheitskarte. Somit können abrechnungsrelevante Daten über eine Schnittstelle direkt an das Abrechnungssystem der KV Thüringen übergeben werden. Ein Datenverlust durch nachträgliche Eingaben entfällt. Ebenso können die Daten zwischen zum Einsatz kommenden Rettungsmitteln und notärztlichem Abrechnungsprozess abgeglichen werden.

Systemrelevante Anforderungen eines notärztlichen Einsatzszenarios

  • Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben (Thüringer Datenschutzgesetz und Bundesdatenschutzgesetz)
  • Robustheit des Systems (Hardware und Software)
  • mobile sichere und ständig verschlüsselte Datenanbindung (VPN oder äquivalente Technologie) an die Einsatzleitstellen und die verbundenen klinischen Einrichtungen
  • permanente Datenverschlüsselung auf den mobilen Geräten
  • Auslesen der Vitaldaten aus vorhandenen Medizinprodukten über zertifizierte Schnittstellen
  • beweis- und rechtssichere Dokumentation
  • durchgängige Dokumentation aller Prozesse im Notfalleinsatz
  • keine Doppelterfassung
  • einfache Anwendung

Weitere Informationen unter www.kv-thueringen.de

Das Projekt im Überblick

  • Etablierung eines einheitlichen Standards zur Dokumentation und Kommunikation im Rettungsdienst
  • elektronische Datenerfassung des Notfalleinsatzes mittels Tablet-Computer
  • Übermittlung der Patientendaten an das Krankenhausinformationssystem
  • Notfallpatientinnen und Notfallpatienten gelangen auf direktem Weg in die am besten geeignete Klinik